Afrika eine Einheit?

Afrika eine Einheit?

Als der Afrikatag 1958 in Accra zum ersten Mal gefeiert wurde, waren nur acht unabhängige Länder an den Feierlichkeiten beteiligt.

Kwame Nkrumah, Ghanas erster Präsident nach der Unabhängigkeit 1957, berief den Ersten Kongress der unabhängigen afrikanischen Staaten ein. Die Konferenz sollte eine kollektive Plattform sein, auf der die neu gegründeten Staaten ein postkoloniales Erbe aufbauen konnten.

1963 waren 32 afrikanische Länder unabhängig und trafen sich in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, um die Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) zu gründen. Das Hauptziel der Organisation sei die „Entkolonialisierung“ der verbleibenden Bastionen weißer Herrschaft in Südrhodesien, Südafrika, Mosambik und Angola, berichtete die britische Rundfunkanstalt BBC damals. Das Treffen fand am 25. Mai statt, deshalb wird der “Afrika-Tag” alljährlich an diesem Tag begangen.

Im Jahr 2001 wurde die OAU aufgelöst und durch die Afrikanische Union (AU) ersetzt. Die neue Institution hat breiter gefasste Ziele: die Einheit und Solidarität Afrikas zu fördern, die politische und sozioökonomische Integration des Kontinents zu stärken und die Interessen Afrikas auf der globalen Bühne zu vertreten. Die Europäische Union hatte hierbei sicher eine Vorbildfunktion. Diese Ziele spiegeln die Vision der Afrikanischen Union wider, ein integriertes, wohlhabendes und friedliches Afrika zu schaffen, das eine starke Stimme in der Weltgemeinschaft hat.

Die Afrikanische Union und die Europäische Union unterscheiden sich jedoch erheblich in ihrem Entwicklungsstadium, ihrer Struktur und ihrem Integrationsniveau. Die EU ist ein tiefer integrierter Zusammenschluss mit umfangreichen supranationalen Kompetenzen, während die AU noch an der Vertiefung ihrer Integration und der Stärkung ihrer Institutionen arbeitet.

Die AU steht vor Herausforderungen wie politischer Instabilität, Konflikten, Armut und Infrastrukturproblemen. Die finanzielle Abhängigkeit von externen Gebern und die begrenzte Durchsetzungsfähigkeit ihrer Beschlüsse sind weitere Hürden. Verglichen mit der EU ist die AU allerdings noch eine sehr junge Organisation – die vor ungleich größeren Herausforderungen steht. Lebten 2001, im Jahr der Gründung der AU, noch knapp 840 Millionen Menschen zwischen dem tunesischen Ras ben Sakka (Afrikas nördlichsten Punkt) und dem südafrikanischen Cape Agulhas, sind es im Jahr 2024 bereits knapp 1,5 Milliarden Menschen. Die EU hat mehrere Jahrzehnte gebraucht, um sich zu integrieren.
Aber dass es ein Einheitsgefühl auf dem Kontinent gibt, sieht man übrigens bei jeder Fußballweltmeisterschaft, bei der der gesamte Kontinent mit seinen Mannschaften mitfiebert.


Timo Schäfer

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Timo Schäfer

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