Die (Neu-)Vermessung der Welt

Landkarten stellen die Größe Afrikas seit Jahrhunderten falsch dar. Die Afrikanische Union hat sich daher jüngst hinter die Correct-the-map-Initiative gestellt und damit die Revision der sog. Mercator-Karte, bzw. die Nutzung der Equal-earth-Karte gefordert, die die tatsächlichen Größenverhältnisse Afrikas ausweist. Das könnte zu einem neuen Selbstbewusstseins des Kontinents führen – und zu einer veränderten Wahrnehmung von Investoren. Das Echo der Weltpresse ist eindeutig.
Wie groß ist Afrika? Vermutlich bedeutend größer, als du denkst.
Denn: Nach wie vor wird die Wahrnehmung des Kontinents durch die aus dem 16. Jahrhundert stammende Mercator-Karte geprägt, die ein sehr verzerrtes Bild Afrikas in den Köpfen verankert hat. Beispielsweise haben Grönland und Afrika dort in etwa dieselbe Größe – obwohl Afrikas 14 Mal größer ist als Grönland. Afrika ist tatsächlich dreimal so groß wie Europa und größer als Nordamerika. Diese Verzerrung ist nicht Böswilligkeit geschuldet, sondern hat eher technische Gründe, denn die Mercator-Karte diente der Navigation und musste der Erdkrümmung Rechnung tragen.
Am Dienstag vergangener Woche hat sich die Afrikanische Union daher hinter die Correct the Map-Initiative gestellt, die diese Darstellung endlich korrigieren und dafür sorgen soll, dass künftig die wahren Größenverhältnisse Afrikas vermittelt werden. In diesem Zusammenhang wurde eine Petition aufgesetzt, die die Übernahme der Equal-Earth-Karte fordert. Das Thema hat international in sämtlichen Leitmedien Schlagzeilen produziert und beschäftigte u.a. die New York Times, die Süddeutsche Zeitung, die NZZ, BILD, The Times und Reuters. “Make Afrika groß again”, titelt DIE ZEIT.
Die spanische Zeitung El País betont etwa, dass „Karten keine unschuldigen Zeichnungen“ sind – und dass die korrekte Darstellung Afrikas nicht nur eine technische, sondern eine symbolische und diplomatische Bedeutung hat. Und obwohl in The Guardian eine Gegenposition erschien, in der Verteidiger der Mercator-Projektion betonen, dass alle Karten verzerren und Mercator historisch primär eben für die Navigation gedacht war, ist das Echo recht eindeutig. Wir sollten hier dringend etwas geraderücken.
Bestimmt das Bewusstsein das Sein?
Was genau verändert es, wenn sich die Wahrnehmung der Realität anpasst? Für die eigentlich Betroffenen – die Afrikaner – wird das einen Boost fürs Selbstbewusstsein bedeuten. Sie wissen ja, wie groß ihre Länder wirklich sind, aber nun weiß es auch der Rest der Welt. Das kann sich z. B. auch konkret auf Investments auswirken. In vielerlei Hinsicht ist Afrika das exakte Gegenteil eines Scheinriesen – und das gilt auch für Unternehmen dort. Obwohl beispielsweise Ethiopia Airlines, Star Alliance-Mitglied seit 2011, eine der größten Airlines der Welt ist und über ein sehr großes Streckennetz verfügt (132 Ziele in 83 Ländern), fliegt die Gesellschaft unter dem Radar vieler Betrachter.
Hier einige mögliche Implikationen für Investoren, die eine angepasste Karte bewirken könnten:
1. Veränderte Wahrnehmung von Marktgröße & Potenzial
- Die Mercator-Verzerrung lässt Afrika optisch klein und marginal erscheinen. Eine fairere Karte wie Equal Earth würde Afrika optisch dominant präsentieren und damit auch sein Wirtschaftspotenzial deutlicher ins Bewusstsein rücken.
- Analysten weisen darauf hin, dass eine verbesserte Wahrnehmung Afrikas zu besser informierten Investitionsentscheidungen führen könnte (Firstpost).
2. Niedrigere Risikoprämien durch veränderte Medienberichterstattung
- Negativ über Afrika berichtende Medien verpassen dem Kontinent jährlich bis zu 3,2 Mrd. GBP in überhöhten Zinszahlungen auf Staatsanleihen, weil Anleger das Risiko überschätzen (The Guardian).
- Eine positivere, realistischere Darstellung könnte Risiko- und Wahrnehmungsbarrieren abbauen – und Investitionskosten senken.
3. Stärkung des Selbstbewusstseins innerhalb Afrikas
- Eine präzisere Kartendarstellung könnte das nationale und kontinentale Selbstverständnis stärken, insbesondere bei jungen Menschen – was wiederum Innovation, Unternehmertum und lokale Investitionen fördern könnte (El País, Reuters).
4. Politische Narrative & Globales Standing
- Die AU verknüpft die Kartendiskussion mit Themen wie Wiedergutmachung, Repräsentation und Global Justice (Firstpost, Reuters).
- Dadurch entsteht ein positives Narrativ, das Afrika als aufsteigenden, eigenständigen Markt darstellt – für Investoren ein attraktives Signal.
5. Technologische und institutionelle Unterstützung
- Institutionen wie die Weltbank setzen bereits jetzt Equal Earth oder Winkel-Tripel-Projektionen ein
Fazit für Investoren
Die Umstellung auf Karten, die Afrikas tatsächliche Größe sichtbar machen, verschiebt den Blickwinkel auf mehreren Ebenen. Zum einen rückt der Kontinent stärker ins Bewusstsein – Afrika erscheint nicht länger als marginale Randregion, sondern als zentrales Element der Weltwirtschaft. Damit steigt die Aufmerksamkeit für seine Märkte. Zugleich könnte sich die Wahrnehmung in den Medien verändern: Weg von stereotypen Negativbildern hin zu einer realistischeren Einschätzung der Risiken. Das würde für Investoren bedeuten, dass Kapitalkosten sinken, da Risikoprämien weniger stark überhöht angesetzt würden.
Auf der lokalen Ebene stärkt eine korrekte Darstellung das Selbstvertrauen und die Innovationskraft junger Bevölkerungen, die den Großteil Afrikas ausmachen. Schließlich spielt auch die politische Dimension eine Rolle: Statt marginalisiert zu werden, kann Afrika seine Position als selbstbestimmter, aufstrebender Wirtschaftsraum festigen. Für Investoren ergibt sich daraus die Aussicht auf einen strategischen Wachstumsmarkt, der langfristig kaum zu übersehen sein wird.
Die Umstellung auf Karten, die Afrikas tatsächliche Größe und Bedeutung reflektieren, bedeutet daher nicht nur eine kulturelle oder bildungspolitische Korrektur – sie birgt tatsächliche ökonomische Chancen. Investoren könnten langfristig davon profitieren, dass Afrika nicht mehr als Randregion angesehen wird, sondern als strategischer Wachstumsmarkt mit jungen, dynamischen Bevölkerungen.
Afrika ist alles Andere als ein Scheinriese, sondern ein dynamischer Ort echter Potenziale – von Solarenergie und Fintech über Logistik bis zu digitaler Infrastruktur.