EWIA wird in Kamerun 82 weitere Dörfer elektrifizieren

EWIA übernahm im April die SunErgy GmbH, deren Tochter in Kamerun bereits die vier Dörfer Kotto Up, Kotto Mission, Kotto Nachtigall und Matouke elektrifiziert hatte (mehr dazu hier). Gerade läuft eine Finanzierungsrunde, die die Revitalisierung und Ertüchtigung der dortigen PV-Anlagen zum Ziel hat (siehe hier). SunErgy hatte jedoch in der Vergangenheit einen Rahmenvertrag mit der kamerunischen Regierung geschlossen, der eine ganz andere Dimension hat und nun von EWIA erfüllt werden soll: 82 weitere Dörfer sollen elektrifiziert und dank grünem, verlässlichem und günstigem Strom unabhängig werden. Was es dabei zu beachten gilt, erklären wir hier.

 

Wie findet der Auswahlprozess statt?

Gemäß unseres Anspruchs, wirklich einen Impact zu erzielen, konzentrieren wir uns auf entlegene Dörfer, welche in den nächsten 20-30 Jahren gewiss nicht durch staatliche Stellen mit Elektrizität versorgt werden würden. Wir sprechen von Dörfern mit mindestens 600 bis 1.000 Haushalten am Rande von wirtschaftlichen Zentren. Sie können auch in der Nähe von Unternehmen liegen, zum Beispiel bei Kautschuk- oder Bananen-Plantagen, so dass die Dorfbewohner über ein Grundeinkommen verfügen können. Ferner werden stark wachsende Dörfer mit wirtschaftlicher Aktivität herausgesucht, mit Bars und Restaurants oder Kleingewerbe wie Autowerkstätten. Der Bezug von PV-Strom ist für solche Betriebe viel billiger als ein Dieselgenerator, der zudem stinkt und lärmt. 

 

Wonach entscheidet ihr, welche Dörfer elektrifiziert werden sollen?

Grundsätzlich ist eine gewisse Mindestgröße erforderlich, um für uns eine Wirtschaftlichkeit darstellen zu können. Das ist eine einfache Rechnung über die erwartete Abnahmemenge. Im Schnitt liegt der Verbrauch eines Haushalts bei 0,8 bis 1,2 kWh pro Tag. Derzeit benötigen wir einen kWh-Preis von rund 30 EuroCts.pro kWh. Darüber hinaus beteiligen wir die Anwohner an den einmaligen Anschlusskosten, um bereits im Vorfeld das Commitment und die finanziellen Möglichkeiten der Haushalte seriös abschätzen zu können.

 

Wann startet der Auswahlprozess?

Afrika funktioniert anders als Europa. Die “Buschtrommeln” funktionieren im übertragenen Sinne sehr gut. Auf der einen Seite schauen wir ständig im Geschäftsgebiet nach weiteren möglichen Dörfern. Die Auswahl erfolgt in der Regel über die lokalen Netzwerke. Meist werden wir beim Bau einzelner Dörfer gleich von verschiedenen Chiefs kontaktiert, die ebenfalls an einer Stromversorgung für ihr Dorf interessiert sind.

 

Wie viele Dörfer sollen gemäß der Vereinbarung pro Jahr elektrifiziert werden?

Nächstes Jahr wollen wir mindestens jedes Quartal ein weiteres Dorf elektrifizieren. Dies soll jedoch hochskaliert werden. Unsere Zielsetzung ist es, innerhalb der nächsten 5 Jahre möglichst alle 82 Dörfer zu elektrifizieren. 

 

Bis wann soll die Elektrifizierung abgeschlossen sein? 

EWIA hat 82 weitere Lizenzen und wir hoffen, diese in den nächsten Jahren zu nutzen. Man muss dabei beachten, dass die meisten Dörfer noch wachsen, so dass zusätzlich eine Vergrößerung und Ausweitung der Anlagen und Mini-Grids notwendig sein wird.

 

Was für ein Investitionsvolumen würden 82 Dorfgemeinschaften bedeuten?

Auf jeden Fall ein erhebliches Investitionsvolumen. Wir gehen von Investitionen von ca. 400.000 Euro pro Dorf aus. Bei 82 Dörfern sprechen wir dann von rund 33 Millionen Euro. 

 

Beteiligt sich Kamerun an den Investitionskosten? 

Nein, unsere Investitionen werden von Privatinvestoren gestemmt, darauf ist unsere lokale Niederlassung sehr stolz. Das sind Investments auf Augenhöhe, keine Charity. 

 

Gibt es Fördermittel aus Deutschland, der EU, der Weltbank oder dergleichen? 

Nein, aktuell nicht, wobei wir gerade dabei sind, etwas Großartiges in die Wege zu leiten. Es ist aber noch ein wenig zu früh, um darüber zu sprechen. Stay tuned! 

 

Wie viel Watt installierte Leistung wären das zusammen?

150 kWp pro Dorf und das mal 82, also 12,3 MWp. Und dazu nochmals so viel installierte Batterieleistung. Wir gehen jedoch davon aus, dass die bestehenden Anlagen noch erweitert werden müssen. Für die nächsten 5 bis 7 Jahren reden wir von einem Volumen in Höhe von 15 bis 20 MWp zuzüglich Speicher.

 

Ist das das größte Off-grid-Solar-Projekt des Landes oder sogar Afrikas? 

Sicherlich ist dies das ambitionierteste Off-grid-Solar-Projekt des Landes und eventuell sogar eines der ambitioniertesten in ganz Afrika aus privaten Mitteln für private Haushalte und Unternehmen. Wenn wir dieses Volumen umsetzen, dann dürften wir tatsächlich der größte private Off-grid-Anbieter von Strom für private Haushalte sein. 

 

Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollt Ihr zusätzlich einstellen? 

Um 82 Dörfer zu betreuen, müssten wir in der Tat massiv Personal einstellen. Wir können grundsätzlich von drei bis fünf Arbeitskräften pro Dorf ausgehen, das sind Sicherheitsleute und Dorf-Manager (Kassierer). Genau lässt es sich nicht sagen, das hängt von der Strukturierung der Dörfer ab, d.h. wie viele Dorfteile es gibt.


Jonathan Baumann

Beitrag von

Jonathan Baumann

in EWIA allgmein